Dauerhafte Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Zwei Schlüsselbegriffe sind wichtig:
- Der Begriff von „Bedürfnissen“, insbesondere der Grundbedürfnisse der Ärmsten der Welt, die die überwiegende Priorität haben sollten; und
- der Gedanke von Beschränkungen, die der Stand der Technologie und sozialen Organisation auf die Fähigkeit der Umwelt ausübt, gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse zu befriedigen.
Dementsprechend müssen die Ziele wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung im Hinblick auf Dauerhaftigkeit definiert werden in allen Ländern – Industrie- und Entwicklungsländer, marktorientierte oder zentral gelenkte. Die Auslegungen werden sich unterscheiden, aber gewisse generelle Richtlinien müssen für alle gelten, und sie müssen einer Übereinstimmung darüber entspringen, dass es ein Grundkonzept dauerhafter Entwicklung gibt und dass es einen umfassenden strategischen Rahmen gibt, dies zu erreichen.
Entwicklung bedingt eine zunehmende Umwandlung von Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Entwicklungsweg, der in einem „physikalischen“ Sinn dauerhaft ist, könnte theoretisch sogar unter rigiden gesellschaftlichen und politischen Bedingungen verfolgt werden. Aber auch diese Dauerhaftigkeit kann nur dann sichergestellt werden, wenn Entwicklungsvereinbarungen einbeziehen, dass sich der Zugang zu Ressourcen und die Verteidigung von Kosten und Nutzen verändern. Sogar der enge Begriff Dauerhaftigkeit bedeutete die Verantwortung für soziale Gerechtigkeit zwischen den Generationen, die sich logischerweise auch bezieht auf Gerechtigkeit innerhalb jeder Generation.
I. Das Konzept der dauerhaften Entwicklung
Die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und Wünsche ist das Hauptziel von Entwicklung. Die Grundbedürfnisse weiter Teile der Bevölkerung in den Entwicklungsländern – nach Nahrung, Kleidung, Wohnung, Arbeit – werden nicht befriedigt, und über diese Grundbedürfnisse hinaus haben diese Menschen berechtigte Wünsche nach besserer Lebensqualität. Eine Welt, in der Armut und Ungerechtigkeit herrschen, wird immer ökologischen und anderen Krisen ausgesetzt sein. Dauerhafte Entwicklung erfordert, die Grundbedürfnisse aller zu befriedigen und für alle die Möglichkeit zu schaffen, ihren Wunsch nach einem besseren Leben zu befriedigen.
Lebensstandards, die über das Minimum hinausgehen, sind nur dauerhaft, wenn Verbrauchsstandards überall langfristige Dauerhaftigkeit in Betracht ziehen. Dennoch leben viele von uns über die ökologischen Maßstäbe dieser Welt hinaus, beispielsweise im Energieverbrauch. Was wir für Bedürfnisse halten, ist sozial und kulturell bedingt; im Hinblick auf dauerhafte Entwicklung sollten wir solche Werte fördern, die Verbrauchsstandards innerhalb der Grenzen des ökologisch Möglichen setzen und nach denen alle sich richten könnten.
Grundbedürfnisse zu befriedigen, hängt teilweise davon, das volle Wachstumspotential zu nutzen; dauerhafte Entwicklung erfordert jedenfalls wirtschaftliches Wachstum in Gebieten, wo diese Bedürfnisse nicht befriedigt werden. Andernorts kann dies übereinstimmen mit wirtschaftlichem Wachstum, wenn das Wachstum die groben Prinzipien der Dauerhaftigkeit reflektiert sowie das Prinzip, andere nicht auszubeuten. Aber Wachstum allein ist nicht genug. Ein hohes Maß an Produktivität und weit verbreitete Armut können nebeneinander existieren und die Umwelt gefährden. Daher erfordert dauerhafte Entwicklung, dass die Gesellschaften menschliche Bedürfnisse befriedigen, indem sie das produktive Potential vergrößern und zugleich gerechte Chancen für alle sicherstellen.
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Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, hrsg. von Volker Hauff, Greven 1987, S. 46-47.